Das Kunstportal der Stadtsparkasse Wuppertal

170 Wenn am 9. Oktober 2019 die 139. Aus- stellung unter der Überschrift „Konti- nuum“ eröffnet wird, liegt die erste Ausstellung in dieser Reihe 50 Jahre zu- rück. „Kontinuum“, das ist ein deutliches Zeichen dafür, das das Vergangene nicht nur vergangen ist, sondern immer noch wirkt, das alles nicht nur seine Zeit hat, sondern alles in einem gesamtheitlichen Zusammenhang steht. Diese Dokumen- tation ist nicht nur ein Rückblick, es ist auch eine Vorausschau. Ein Versprechen, dass es weiter geht mit der Kunst. In die- ser Sparkasse und in dieser Stadt Wup- pertal, die einen solch großen Reichtum an Kunst, an Künstlerinnen und an Künstlern hat. Es geht weiter, weil der Kunst hier eine Wertschätzung entgegengebracht wird und werden muss. Schön, dass das ge- rade in einem Kreditinstitut passiert, die letzten 50 Jahre passierte. Als Björn Ueberholz und ich die Idee ent- wickelten, die vergangenen 50 Jahre als Anlass zu nehmen, diese Dokumentation zu erstellen, war uns bald klar, wir müss- ten dies tun, so wie Walter Benjamin sein Passagen-Werk angegangen war: „... wie alles, was man gerade denkt einer Arbeit, an der man steht, um jeden Preis einverleibt werden muss ...“ Benjamin, Das Passagen-Werk, (N 1,3). Also in ein Archiv und in die Erinnerung gehen, in alten Akten stöbern und die Daten- sätze für die Kunst-Kataloge zu den Ausstellungen durchfor- sten. Dazu noch alles, was im Moment wichtig erscheint, dazu nehmen. Selbstverständlich kann das nur ein unvollständi- ger Blick sein, nicht alles, was wichtig war oder schön oder interessant, kann hier erwähnt werden. Damit müssen Künstler ohnehin stets leben, dass ihre Kunst vielleicht nur für sie selbst wichtig ist. Für nieman- den sonst auf der Welt. Aber das auszuprobieren, dazu braucht es einen Platz, einen Freiraum. Und das am besten dort, wo Menschen sind. Und es sollte auch ein bisschen ein Blick über die Grenzen der Sparkasse hinaus werden, auf die gesamte Kunstszene in Wuppertal. Und das ohne die künstliche Unterteilung in Vergangenheit und Gegenwart, in „alte Meister“ und „Zu- kunftskünstler“. Es ist zwar nur ein Buch geworden, ein „Coffee Table Book“ in deutscher Spra- che, aber das hat uns ein gutes Jahr lang intensiv beschäftigt. Wir konnten reflek- tieren, erleben und gestalten. Wir hatten freie Hand und müssen uns bei allen denen bedanken, die uns Material zur Verfügung gestellt haben, die Texte bei- gesteuert haben, die uns haben machen lassen und die nach dem Stand der Dinge gefragt haben. 1967 veröffentlichte Marshall McLuhan, (Begründer der modernen Medienwis- senschaft) ein überwältigend kluges, prophetisches Buch. Der Titel geht auf einen Druckfehler zurück: Ein Setzer hatte aus dem beabsichtigten »Mes- sage« das Wort »Massage« gemacht. McLuhan fand das großartig. Denn sein berühmter Slogan »Das Medium ist die Botschaft« war ein Klischee geworden. Jetzt bot sich die Gelegenheit, ihn iro- nisch zu brechen und mit neuem Sinn zu versehen. Oder aus einem anderen Zusam- menhang, aber doch passend: „Keine Angst vor Fehlern.“, Joseph Beuys. Auch in diesem Buch sind sicher jede Menge an Fehlern enthalten, Kunst oder Künstler sind nicht erwähnt oder ausgelassen, falsch dargestellt oder gar nicht, die Schwer- punkte sind nicht nach- zuvollziehen, und und und ... All das ist nicht in böser Absicht passiert, aber der Rückblick ist subjektiv und wichtig ist schließlich die Wirkung, bei denen die dabei waren oder die damit gelebt haben oder jeden Tag damit zu tun haben. Einfach so, tag- täglich. Und daran muss auch die Kunst sich messen lassen, auch wenn sie frei ist und auch und gerade dann, wenn sie einen Freiraum für sich beansprucht. Der ist im Allgemeinen ja auch nicht größer geworden, aber das ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass die Kunst frei ist, und sich enfalten kann. Dieses Buch ist auch ein Plädoyer für die Wichtigkeit und Wertigkeit der Kunst und das man auch damit leben kann, wenn man nicht sofort alles versteht oder verstehen will. Doch das gilt natür- lich auch für die Künstler, von denen ein- mal mehr ein Beitrag dazu gefordert wird. Dass sie auch das begründen, was sie ohnehin tun müssen. Dazu eine Randbemerkung von Dr. Andreas Stef- fens, den wir immer gerne zitieren. Und der auch immer präsent ist mit sei- nen klugen Worten, auch wenn man sie nicht unbedingt sofort versteht. Aber so komplizierte Dinge zu verstehen wie das Leben, die Welt, den Menschen, warum blau, warum rot. Das ist eben nicht ein- fach zu erklären. Sonst müsste man die Kunst vielleicht auch gar nicht machen. Aber schön, dass es in der Sparkasse Wuppertal eine Möglichkeit gegeben hat, und das auch schon über so viele Jahre. Sicher war nicht alles möglich neben dem „Kerngeschäft“, aber vieles konnte so wie es sein sollte stattfinden. Und so soll es auch sein. Denn eins ist auch klar, wie H. C. Artmann es so tref- fend formulierte: „... wenn einmal die musik schweigt, so hört sich alles tanzen auf ...“. die „Buchmacher“ Peter Klassen Björn Ueberholz making of ... „welch ein Reichtum“ „Die Ros’ ist ohn’ warum, sie blühet, weil sie blühet. Sie acht’ nicht ihrer selbst, fragt nicht, obman sie siehet.“ Angelus Silesius 1624 – 77 Der CherubinischeWandersmann, I, 289

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